Die Trainingsreise nach Juist war mal wieder ein voller Erfolg. Mit rund 60 Teilnehmern war es die größte Trainingsreise seit vielen Jahren. Mit dabei waren diesmal nicht nur Schüler aus Berlin, Drensteinfurt, Münster, Steinfurt und Stuttgart. Dieses Mal durften wir auch viele Menschen aus dem Ausland bei uns als Gäste willkommen heißen.

Die Gäste

Am meisten konnten wir uns darüber freuen, dass Großmeister Lee Kam Wing den weiten Weg aus Hongkong auf sich genommen hat, um gemeinsam mit uns zu trainieren. Darüber hinaus brachte er mit dem Tai Chi-Meister Ma Sui Man und seiner Schülerin Lai Chui Ha, beide ebenfalls aus Hongkong, weitere erfreuliche Gesellschaft mit sich. Auch wieder mit von der Partie war Sifu Nicolai Schilds älterer Kung Fu-Bruder Sifu Derek Frearson aus England. Mitte der Woche stießen Sifu Laszlo Kovacs und zwei seiner Schüler dazu, die aus Ungarn ebenfalls einen weiten Weg auf sich nahmen.

Auch kamen später Sifu Thomas Malz vom Shaolin-Zentrum Velbert und Sifu Andreas Leffler, Herausgeber des "Warrior-Magazins", hinzu, um der Bai Si-Zeremonie am Samstag in der wichtigen Rolle des Zeugen beizuwohnen. Auch für Gau Lin Tim Ehlers, der mittlerweile in Spanien lebt, war der Weg zur Trainingsreise nicht zu lang, um auf Juist mitzutrainieren.

Der Trainingsplan

Für alle Frühaufsteher wurde um 6 Uhr morgens bereits das erste Training vor dem Frühstück angeboten. Dieses beinhaltete Qi Gong, Joggen, Stretching und Formenwiederholung, selbstständig oder in Gruppen.

Nach dem Frühstück stand zunächst Tai Chi auf dem Programm. Dieses Training wurde von Sifu Ma Sui Man geleitet. Zunächst brachte er uns die grundlegenden Bewegungen näher, die für das spätere Erlernen der 24er-Tai Chi-Form notwendig waren. Diese "moderne" Form mit 24 Positionen (sog. "Bildern") wurde aus den vielen Tai Chi-Bewegungen zusammengestellt, um das erlernen der Tai Chi-Grundkenntnisse zu vereinfachen, ohne jedoch die Essenz und die wichtigsten Inhalte zu vernachlässigen. Man kann die Form also auch eine Art Anfänger- oder Grundform nennen. Übliche Tai Chi-Formen haben im Gegensatz dazu bis zu 108 Bilder und sind damit weitaus komplexer.

Nach dem Tai Chi-Training stand nun Formentraining auf dem Programm. Gezeigt wurden, je nach Kenntnisstand, die Handformen Yee Lo Jare Yue, Mui Far Low und Sei Low Bung Da. Als Waffe wurden die drei Speerformen Sam Yee Choeng, Ng Fu Choeng und Mui Far Choeng gezeigt. Im späteren Verlauf der Woche wurden noch die Partnerformen Kei Mon Kuan Doy Choeng (Langstock gegen Speer), Sern Do Doy Choeng (Doppelsäbel gegen Speer) sowie Sern Bei Sao Doy Choeng (Doppeldolche gegen Speer) erlernt.

Am Nachmittag gab es Löwentanztraining in zwei Gruppen. Die Anfängergruppe erlernte Grundkenntnisse des Löwentanzes, während die fortgeschrittene Gruppe mit Si Gung Lee Kam Wing mehrere Choreographien ausarbeitete. Auch das Trommeln zum Löwentanz wurde im Training mit Si Gung Lee verbessert.Am Ende der Woche wurde eine der einstudierten Choreographien im Rahmen der Bai Si-Zeremonie erfolgreich vorgeführt. Die Qualität des Löwentanzes bei der kurzen Lernzeit brachte den Tänzern sogar ein ausdrückliches Lob von Si Gung Lee ein.

Im Anschluss an das Löwentanztraining fand Sanda-Kampftraining statt. Nach der späteren Ankunft von Sifu Laszlo Kovacs wurde dies von ihm geleitet. Sifu Kovacs vermittelte Grundlagen des Sanda und konnte neue Einblicke in die Welt des Sandakampfes gewähren. Sifu Kovacs war es stets wichtig, dass alle geübten Techniken mit absoluter Beherrschung und Kontrolle ausgeführt wurden. Geschwindigkeit und Kraft waren zweitrangig. Dies war eine große Herausforderung für viele, sodass viele der Techniken, die auf den ersten Blick simpel erschienen, ein hohes Maß an Konzentration erforderten. Da störte der Umstand auch nicht, dass im Sandatraining gar nicht gekämpft wurde, sondern nur die vermeintlich einfachen Techniken geübt wurden.

Abends fand immer noch ein Training für die Instructoren unter Lee Kam Wing statt. Den anderen Schülern wurden verschiedene Trainingsmöglichkeiten angeboten, so etwa Formenwiederholung, Stretching oder Fitness-Workout.

Am Ende der Woche hatten die Schüler noch die Möglichkeit, an einem Gasttraining von Sifu Thomas Malz, Sifu Andreas Leffler oder einer weiteren Sandastunde von Sifu Kovacs teilzunehmen. Sifu Malz lehrte Inhalte aus dem Shaolin Kung Fu, während Sifu Leffler denjenigen, die sich für sein Training entschieden, einige akrobatische Tricks beibrachte.

Weitere wichtige Ereignisse

Im Laufe der Trainingswoche fanden noch zwei wichtige Ereignisse statt:
Am Montag, den 5.8. nahmen Adam Elbataioui, Christoph Rothmund, Norbert Grundmann und Severin Langer an der Prüfung zur schwarzen Schärpe teil. Alle Prüflinge bestanden die intensive Prüfung und tragen ab sofort den Titel "Gau Lin".

Am Samstag, den 10.8. fand eine Bai Si-Teezeremonie statt. An dieser nahmen Alexander Wittkamp, Daniel Seifert, Johannes Isenberg, Johan Neff, Judith Pollmeier und Martin Drücker teil. Während dieser Zeremonie, einer chinesischen Tradition, verspricht ein Schüler seinem Sifu Treue und Loyalität. Daraufhin nimmt der Sifu seinen Schüler als "Closed Door"-Schüler an. Zwischen dem Schüler und dem Sifu besteht von da an ein besonderes Vertrauensverhältnis.

Vor der Zeremonie fand zuerst ein Löwentanz statt. Im Anschluss begann die Zeremonie, die wie folgt abläuft:
Zunächst spricht der Schüler einen Eid, verneigt sich vor seinem Sifu und überreicht ihm eine Urkunde, einen roten Umschlag mit einem symbolischen Geldgeschenk sowie Süßigkeiten. Der rote Umschlag und die Süßigkeiten gelten als Glücksbringer. Zum Schluss wird dem Sifu eine Tasse Tee überreicht. Die Schüler werden dabei von älteren Schülern, die bereits an einer Teezeremonie teilgenommen haben, unterstützt. Der Sifu trinkt den Tee aus und unterzeichnet die Urkunde. Im Anschluss wird diese Urkunde sowie ein roter Umschlag und Süßigkeiten jedem der anwesenden Zeugen überreicht und von ihm unterschrieben. Zuletzt bindet der Sifu seinem Schüler eine rote Schärpe als Zeichen der Annahme um.

Nach der Zeremonie wurden von den Bai Si-Schülern, von einigen der Zeugen und von weiteren Schülern Formen vorgeführt.

Mit einer großen Grillfeier wurde diese intensive Trainingswoche schließlich ausgeläutet. Mittlerweile sind die meisten wahrscheinlich wieder in ihrem üblichen Wochenrhythmus angekommen und haben sich von den (natürlich positiven) Anstrengungen der letzten Woche erholt. Nun kann man mit frischer Energie auf neue Kung Fu-Ereignisse wie Turniere, Seminare und spätestens die nächste Trainingsreise in einem Jahr hinarbeiten!

HIER gibt es noch ein Video zu sehen

 

Eine große Familie

Eine große Familie. Gäste und Meister (von links): Andreas Leffler, Laszlo Kovacs, Derek Frearson, Nicolai Schild, Lee Kam Wing, Ma Siu Man, Thomas Malz, Lai Chui Ha

Die frisch geprüften Instructoren! v.l.: Norbert, Christoph, Severin, Adam