Der Langstock - Kwan

Bei der Waffe Langstock handelt es sich um einen einfachen geraden Stab, der vom Boden bis etwas kurz über die eigene Körperhöhe des Kämpfers reicht und einen Durchmesser von ca. 4-5 cm hat. Üblicherweise ist der Langstock aus Rattan- oder Eichenholz gefertigt, man findet aber auch Exemplare, die aus anderen Holzarten, etwa Kiefer, bestehen. Das Gewicht der Waffe kann in Abhängigkeit vom Material stark schwanken. Mit dem Langstock kann eine Reihe unterschiedlicher Techniken ausgeführt werden. Dazu gehören Techniken zum Angriff, wie das Schlagen und Stechen, und Techniken zur Abwehr, wie das Blocken. Die Vorteile des Langstocks liegen v.a. in seiner hohen Reichweite sowie in der Schnelligkeit und Vielseitigkeit mit der ein geübter Kämpfer Techniken mit dieser Waffe auszuführen weiß.

Der Langstock wird auch als „die Mutter aller Waffen“ bezeichnet, da er neben Steinen und Knüppeln zu den ersten Waffen gehört, die überhaupt von Menschen eingesetzt wurden. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aus dem Langstock weitere Waffen, z.B. der Speer und der Drei-Glieder-Stab. Bezogen auf das Kung Fu wurde der Langstock als Waffe zuerst von Mönchen des Shaolin-Klosters eingesetzt, die somit in der Lage waren sich gegen Angriffe bewaffneter Gegner effektiv zur Wehr zu setzen. Im Tsat Hsing Tang Lang Kung Fu, sowie auch in anderen Kung Fu –Stilen wird der Langstock traditionell als erste Waffe unterrichtet. Diese Tradition erwuchs in erste Linie aus der Tatsache, dass der Langstock günstiger zu beschaffen war als andere Waffen, nämlich im Wald.

Im Training eröffnet der Langstock für den Schüler eine völlig neue Perspektive: während zuvor nur der eigene Körper vom Geiste kontrolliert werden musste, muss diese Aufmerksamkeit erweitert werden auf eine Waffe außerhalb des eigenen Körpers. Zu Beginn des Übens wird die Waffe noch als fremd wahrgenommen, nach ausdauerndem Training wird der Langstock aber mehr und mehr als Verlängerung des eigenen Körpers wahrgenommen. Der Gewinn für den Übenden besteht somit aus einer verstärkten Schulung der Koordination und Körperkraft, sowie der Körperwahrnehmung.

Ein Schüler, der den Umgang mit dem Langstock neu erlernt, wird zunächst in die Grundtechniken eingeführt. Wenn dies gut beherrscht wird und die erste Unsicherheit im ungewohnten Umgang mit einer Waffe abgebaut wurde, wird die erste Langstockform gelehrt. Das Training mit dem Langstock bildet dann die Grundlage, um die Anstrengungen des Schülers auf andere Waffen (z.B. Säbel) auszuweiten. Später kann der fortgeschrittene Schüler dann weitere Stockformen lernen und sich sogar in Partnerformen und Kampftechniken üben.

Im Tsat Hsing Tang Lang Kung Fu findet der Langstock Anwendung in folgenden vier Formen:

- Luk Hab Kwan ("6 Harmonien Langstock") 六合棍

- Fook Fu Kwan Yarn Kwan ("Langstock zur Vertreibung des Tigers der die Schafherde belauert") 伏虎群羊棍

- Ng Long Pak Qua Kwan ("Der Stock der fünf Beamte und der acht Triagramme") 五郎八卦棍

- Kwan Doy Choeng ("Langstock gegen Speer vor dem außergewöhnlichen Tor") 棍對槍

Die erste Form mit dem Langstock, die ein Schüler erlernt, trägt ins Deutsche übersetzt den Namen „6 Harmonien Langstock“. Diese sechs Harmonien werden in drei äußere Harmonien und drei innere Harmonien unterschieden:

- äußere Harmonien

o Harmonie von Händen und Füßen

o Harmonie von Schulter und Hüfte

o Harmonie von Ellbogen und Knie

- innere Harmonien

o Harmonie von Herz und Geist

o Harmonie von Geist und innerer Energie

o Harmonie von innerer Energie und äußerer Kraft

Die äußeren Harmonien beziehen sich dabei auf das reibungslose und im Gleichgewicht liegende Zusammenspiel der Glieder des Körpers. Die inneren Harmonien sorgen dafür, dass der Kämpfer in der Lage ist, Kraft und Konzentration in die Waffe zu bringen und diese effektiv einzusetzen. Das Handeln des Kämpfers sollte instinktiv (Herz), zugleich aber rational (Geist) sein, um das Chi (innere Energie) mit der Körperkraft (äußere Kraft) zu verbinden, damit die Techniken kraftvoll, kontrolliert und effektiv (die äußeren Harmonien) ausgeführt werden können. Disharmonien auf jeglicher Ebene können schwere Fehler nach sich ziehen: von der ineffektiven Ausführung einzelner Techniken, bis hin zu der Gefahr, dass der Schüler sich selbst verletzt. (© J.P.)

 

Quellen:

Kornmüller, C.: Der Stock im Shaolin Quan Kung Fu. Kungfuwebmag.de. URL: http://www.kungfuwebmag.de/033ce29c60002a401.html (letzter Zugriff: 12.03.2010).

Ol, A., & Henke, B.: Waffen im Kung Fu – Brücke zur Vergangenheit. Kungfuwebmag.de. URL: http://www.kungfuwebmag.de/033ce29c600079e1b.html (letzter Zugriff: 12.03.2010).

 

Schwarzer-Adler-Gelber-Drache e.V.: Gun – Der Langstock. URL: http://www.kungfu-marburg.de/pages/de/kung-fu---stile/weitere-stile/waffengruppen/langstock---gun.php (letzter Zugriff: 12.03.2010).